Die SPD in Füssen seit 1903

Dieser historische Rückblick wurde zusammengetragen von Hermann Hofmann, Walter Hundhammer und Hans Möller und in der Begleitbroschüre zum 80jährigen Jubiläum der SPD-Füssen veröffentlicht.

Gründung

Am 20. September 1903 wurde im damaligen Gasthof “Mineralbad” neben den Hanfwerken in Füssen, etwa dort, wo heute der Fabrikschornstein aufragt, der “Sozialdemokratische Verein” Füssen gegründet. Die erste Vorstandschaft bestand aus dem 1. Vorsitzenden Franz Hackenmayer, Schuhwarenhändler, dem 2. Vorsitzenden Johann Reng, Heizer und den Kassierern Rudolf Wohlwend, Schreiner und Hilarius Linder, Arbeiter.

Laut Satzung wollte der Verein für politische und wirtschaftliche Aufklärung und insbesondere bei Wahlen die Kandidaten der SPD unterstützen. Die Sektion Füssen, wie man sich damals nannte, des Sozialdemokratischen Vereins gehörte zum Reichstagswahlkreis Kaufbeuren. Der Landesvorsitzende für Bayern war E. Auer. Da die SPD damals von den Bürgerlichen als die Partei des Umsturzes bezeichnet und auch so behandelt wurde, erteilte die Regierung von Schwaben und Neuburg dem Bezirksamt, dem späteren Landratsamt, den Auftrag, den neuen Verein ständig zu beobachten. Bei der Gründung des Sozialdemokratischen Vereins in Füssen bewiesen die Gründer besonderen Mut, denn sie waren zur damaligen Zeit großen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und familiären Repressalien ausgesetzt.

Die Tätigkeit der Sozialdemokraten in Füssen begann aber weit vor der Gründung der örtlichen Partei. Im Jahre 1878 wird die SPD in Füssen erstmals erwähnt. Neben dem Zentrumskandidaten Dr. Merkle mit 192 Stimmen und dem Liberalen Haffner mit 107 Stimmen errang der Zählkandidat der Sozialdemokraten, Sonnemann, 22 Stimmen. Man fragte sich, wie im königstreuen Füssen so viele die “Partei des Umsturzes” wählen konnten! Es handelte sich bei den Wählern um Fabrikarbeiter und einige Handwerksgesellen.

Anläßlich der Reichstagswahlen 1887 gab es eine neue Aufregung in Füssen, als neben dem Zentrumskandidaten Buxbaum mit 156 Stimmen der SPD-Kandidat, Drechslermeister Ulrich Zitt aus Irsee, 146 Stimmen erhielt.

Zu dieser Zeit läßt sich am 24. Juni 1887 die erste SPD- Versammlung mit dem Redner Ulrich Zitt nachweisen. Diese Veranstaltung fand in Pinswang in Tirol statt, weil 1887 die Sozialdemokratische Partei durch Bismarcks Sozialistengesetze im Deutschen Reich verboten war.

Bei den Reichstagswahlen 1892 errang Ulrich Zitt in Füssen 130 Stimmen. Die SPD war aus dem öffentlichen Leben nicht mehr wegzudenken. Bei der Reichstagswahl 1912 gelang dann ein großer Durchbruch. Der SPD-Kandidat, Gewerkschaftssekretär Albert Schmid aus München, schlug mit 371 Stimmen erstmals den Kandidaten des Zentrums mit 314 Stimmen.

Zwischen den Arbeitern und den konservativen Kreisen gab es wenig Berührungspunkte. So entstanden eigene Arbeitervereine für Sport und Kultur. Bei den Landtagswahlen dominierte bis 1906 immer das Zentrum, da durch das bis dahin eingeschränkte Wahlrecht, nur sehr wenige Arbeiter wählen durften.

Erste kommunale Wahlerfolge

Bei den Gemeinderatswahlen 1914 gelangten erstmals zwei Sozialdemokraten als Gemeindebevollmächtigte und bei den Magistratsräten ein Sozialdemokrat in den Gemeinderat. Der Gemeinderat bestand aus 24 Gemeindebevollmächtigten und acht Magistratsräten. Die Gemeindebevollmächtigten setzten sich aus elf Liberalen, elf Zentrumsleuten und zwei Sozialdemokraten zusammen, der Magistratsrat aus vier Liberalen, drei Zentrumsleuten und einem Sozialdemokraten. Auch dieses Wahlergebnis verfälschte die wahre politische Meinung, weil das Gemeindewahlrecht noch nicht allgemein und frei war.

Die beiden Gemeindegremien beschlossen einen rechtskundigen Bürgermeister zu wählen. Unter 23 Bewerbern wurde am 29.09.1915 Dr. Moser von der Fortschrittlichen Volkspartei in einer Kampfabstimmung mit 14 gegen acht Stimmen zum Bürgermeister von Füssen gewählt. Für Dr. Moser stimmten elf Liberale, zwei Sozialdemokraten und ein Zentrumsmann. Noch vor Ende des 1. Weltkrieges trat Dr. Moser nach einem inneren Wandlungsprozess der SPD bei. Er geriet so in einen scharfen Gegensatz zu den Liberalen, die ihn 1915 gewählt hatten.

Absolute Mehrheit für die SPD

Als nach dem 1. Weltkrieg am 15. Juni 1919 die erste freie Wahl stattfand, errang die SPD die absolute Mehrheit im Füssener Stadtrat! In der Zwischenzeit hatten sich die Liberalen und das Zentrum zu einer »Rechtsvereinigung« zusammengeschlossen! Von 2079 Stimmen entfielen auf die SPD 1169, die Rechtsvereinigung erhielt insgesamt 910 Stimmen! Von den 16 Ratssitzen errang die SPD neun Sitze (Leising, Wohlwend, Müller, Göppel, Herz, Weber, Haseidl, Ramsteiner und Heiserer), die Rechtsvereinigung 7 Sitze.

Der Wahlsieg der SPD nach dieser kurzen Zeit war auch ein Vertrauensbeweis für ihr führendes Mitglied Dr. Moser, andererseits galt die SPD als Garant einer modernen, aber gemäßigten auf Recht und Ruhe bedachten Partei. Der Wahlsieg der SPD in Füssen erregte weit und breit Aufsehen.

Die Ära Dr. Moser

Dr, Moser lenkte die Geschicke der Füssener Bevölkerung mit glücklicher Hand während des 1. Weltkrieges und in den Nachkriegsjahren. Auf Weisung Dr. Mosers kauften am Ende des 1 . Weltkrieges städtische Bedienstete Lebensmittel auf dem Lande auf. So konnte die größte Not gelindert werden. Dass bei Ende des 1. Weltkrieges und der Revolution 1918 in Füssen Ruhe bewahrt wurde, ist zum größten Teil dem SPD- Bürgermeister Dr. Moser zu verdanken. Am 10. November 1918 luden Sozialdemokraten, Gewerkschaften und die Stadtverwaltung zu einer Revolutionsfeier auf dem Schulhausplatz ein.

Dort sprach Dr. Moser vor ca. 2000 Zuhörern: “Das Volk müsse nun sein Schicksal selbst in die Hand nehmen, es gelte den Frieden in Ehren zu erringen. Das Rad der Zeit gehe nicht mehr zurück, wer dies versuche, den werde es zermalmen.” Dr. Moser nahm sich besonders auch der Schulprobleme in Füssen an. Er gründete mit dem damaligen Bezirksschulrat Schwaiger einen privaten Mittelschulverein. Die Mittelschule begann am 4. Mai 1921 den Unterricht mit 36 Schülern.

Dr. Moser befasste sich bereits 1921 mit einem Projekt zur Erbauung eines Kurhotels und der Planung eines Kurhauses in Füssen. Aus finanziellen Gründen konnten diese Vorhaben nicht mehr ausgeführt werden.

Eine für die damalige Zeit kühne Baumaßnahme war die Anlegung des Waldfriedhofs mit der Aussegnungshalle und der Bau des Mittersee- und Oberseebades in Bad Faulenbach.

Die Zersplitterung der Arbeiterbewegung

1917 waren viele junge Arbeiter mit der gemäßigten politischen Linie der SPD nicht mehr zufrieden. Sie fielen von der SPD ab und gingen zu den radikaleren Flügeln über. 1917 entstand eine Ortsgruppe der Unabhängigen Sozialdemokraten (USP). Im Frühjahr 1920 spaltete sich diese Gruppe nochmals und es bildete sich eine Ortsgruppe der KPD. Die Arbeiterschaft hatte sich in einen kleinen radikalen linken und in einen breiten, gemäßigten rechten Flügel aufgespalten. Bald gab es auch eine Ortsgruppe der NSDAP in Füssen, die im Juni 1923 ihre erste öffentliche Versammlung ankündigte.

Am 07.12.1924 standen für Füssen wieder Stadtratswahlen an. Es waren diesmal Ratssitze zu besetzen. Bisher hatte die SPD knapp die Mehrheit vor der Bürgerlichen Rechtsvereinigung besessen. Mit Bürgermeister Dr. Moser hatte die SPD eine klare Mehrheit. Es gab einen sehr harten Wahlkampf zwischen der SPD und der Rechtsvereinigung. Aber auch die Bayerische Volkspartei, die KPD und die SPD befehdeten sich gegenseitig. Die Stadtratswahlen ergaben einen schrecklichen Rückschlag für die SPD. Die Rechtsvereinigung erhielt elf statt vorher sieben Sitze, die SPD nur noch vier, statt bisher neun Sitze, die KPD einen, wie vorher auch. Von der SPD gelangten noch Hermann Herz, Hermann Scholz, Eugen Göppel und Franz Hader in den Stadtrat. Für Bürgermeister Dr. Moser und die SPD bedeutete dieser Wahlausgang einen schweren Schlag. Dr. Moser hatte seine Mehrheit im Stadtrat verloren. Trotz der Niederlage der SPD war die Stellung Dr. Mosers so stark, daß er, auf die breite Zustimmung der Bevölkerung gestützt, sein Werk vorerst fortsetzen konnte.

1928 hatte sich die politische Landschaft in Füssen nochmals geändert. Die SPD konnte bei den Landtags- und Reichstagswahlen einen großen Erfolg verbuchen. Bei den Landtagswahlen in Füssen erhielt die SPD 1284 Stimmen, die BVP 720, die NSDAP 87, die KPD 194. Bei den Reichstagswahlen erzielte die SPD 1342 Stimmen, die BVP 707, die NSDAP 87 und die KPD 208.

Abwahl Dr. Mosers - der Anfang vom Ende

Im März 1929 war es dann aber trotzdem soweit, der Dienstvertrag von Dr. Moser sollte nicht mehr verlängert werden. Im März 1929 kamen alle Stadträte der Rechtsvereinigung zu einem privaten Treffen im »Löwenkeller« zusammen. Eine Wirtschaftsgruppe in Füssen hatte den dringenden Antrag gstellt, Dr. Mosers Dienstvertrag nicht mehr zu erneuern. Die Probeabstimmung ergab, daß die überwiegende Mehrheit der Stadträte für diesen Antrag war. Die SPD rief zu einer Protestversammlung auf, an der sich mehrere hundert Personen beteiligten. Eine spontane Unterschriftensammlung ergab 2060 Unterschriften, weit mehr, als SPD-Wähler bei der Landtagswahl 1928. Die Rechtsvereinigung tat diesen Schritt verächtlich ab und stellte sich auf den Standpunkt, daß nicht die Bevölkerung, sondern der Stadtrat den Bürgermeister wähle.

Am 08. März 1929 trat der Stadtrat zu einer folgenschweren Sitzung zusammen. Dr. Moser nahm daran nicht teil. Der 2. Bürgermeister Gottfried Waldmann führte den Vorsitz. In einem Brief ging Dr. Moser auf alle in der Öffentlichkeit umstrittenen Probleme ein. Dem Wortlaut des Briefes zufolge, war Dr. Moser davon überzeugt, dass er nicht wiedergewählt werden sollte, da bei den Überlegungen die seine Person betrafen, parteipolitische Gesichtspunkte nicht aber seine Fähigkeiten und Leistungen eine Rolle spielten. Von diesem Schreiben wurde im Stadtrat schweigend Kenntnis genommen, Ein Antrag der SPD-Fraktion, die Unterschriften der Bevölkerung zu berücksichtigen und die Entscheidung zumindest zu vertagen, wurde mit zehn gegen sechs Stimmen abgelehnt. Dabei stimmte ein Stadtrat der Rechtsvereinigung für Dr. Moser (Oberlehrer Hans Golsner). Dann steifte Gottfried Waldmann, der bisher als 2. Bürgermeister in allen wichtigen Fragen mit Dr. Moser gleicher Meinung gewesen war, den entscheidenden Antrag Dr. Mosers Dienstvertrag nicht mehr zu erneuern. Vom wirtschaftlichen Standpunkt aus sei zwar gegen Dr. Moser nichts einzuwenden, wohl aber vom Standpunkt der Politik. Man wollte Dr. Moser nicht schädigen und habe seinen Pensionsvertrag ohne Widerspruch gebilligt. Doch vertrete Dr. Moser nun einmal die politische Meinung, die die Rechtsvereinigung ablehne. Damit stellte sich klar heraus, daß Dr. Moser nicht wegen falscher Führung der Stadt, sondern aus parteipolitischen Gründen gehen musste! Die vier Stadträte der SPD, der kommunistische Stadtrat Hans Urban und der damalige Oberlehrer Golsner von der Rechtsvereinigung stimmten für Dr. Moser, die übrigen zehn Stadträte der Rechtsvereinigung gegen ihn. Oberlehrer Golsner bedankte sich bei Dr. Moser für die von ihm geleistete Arbeit.

Die eigentliche Abschiedsveranstaltung wurde vom Allgemeinen Gewerkschaftsbund ausgerichtet. Unter Musikklängen marschierten hunderte von Fackelträgern durch die Altstadt zum Klosterhof und dann zum Stadtsaal. Nach vielen Dankesworten und Einlagen des Chores ergriff Dr. Moser das Wort. Er sei von der Feier überwältigt. Er habe immer das Beste gewollt.

Sein Herz sei stets bei den Minderbemittelten und Ärmsten der Stadt gewesen. In Anbetracht des großen Vertrauensbeweises der Bevölkerung komme ihm das Scheiden von Füssen hart an. Von seinen Bergen, Seen und Baudenkmälern trenne sich er sehr schwer. Noch im Frühjahr 1929 zog Dr. Moser nach Pullach bei München. Er starb am 5. März 1965. Bürgermeister Dr. Enzinger erwies ihm als Vertreter der Stadt die letzte Ehre.

Bei der Stadtratswahl im Dezember 1929 erhielt die SPD 1505 von 3517 abgegebenen Stimmen. Sie stelle wieder sieben von 16 Stadträten. Das Jahr 1930 begann nicht gerade verheißungsvoll. Die Weltwirtschaftskrise schlug auch in Füssen durch und rechtsradikale politische Kräfte machten sich in verstärktem Maße bemerkbar. Durch die Ablösung von Dr. Moser war das Klima im Stadtrat vergiftet. Es verging kaum eine Stadtratssitzung ohne Konfrontation. Im Februar 1930 entstand eine Gruppe des Stahlhelms. Die NSDAP überzog die Stadt und das Land Füssen laufend mit Agitationsversammlungen. Die wachsenden wirtschatlichen Schwierigkeiten brachten der NSDAP Zulauf, im geringen Umfang auch der KPD.

Während die bürgerlichen Parteien fast keine Gegenwehr leisteten, blieb die SPD der NSDAP die Antwort nicht schuldig. Die Sozialdemokraten und deren Wehrorganisation »Eiserne Faust« wehrten sich tapfer gegen den aufkommenden Nationalsozialismus. Aufkommen der Nationalsozialisten.

Am 05. August 1930 sprach vor 500 Zuhörern im Stadtsaal der Landtagsabgeordnete Aenderl über den Nationalsozialismus, Arbeiterschaft und SPD. Als Diskussionsredner meldete sich Gauleiter Wahl, der sehr hart hergenommen wurde. Aber eine Zusammenarbeit der demokratischen Kräfte kam auch jetzt nicht zustande. Während die NSDAP bis dahin immer nur eine kleine Gruppe war, sollte es bei der Reichstagswahl am 14. September 1930 anders werden. So erhielten bei der Wahl die SPD 1134 Stimmen, die KPD 421 Stimmen, die BVP 924 Stimmen und die NSDAP 846 Stimmen. Im Landkreis (damals Bezirksamt) sah das Ergebnis noch viel schlimmer aus. Es erhielten die SPD 1580 Stimmen, die KPD 473 Stimmen, die BVP 3187 Stimmen, die NSDAP 2526 Stimmen und der Bayr. Bauernbund 2356 Stimmen.

Der Erfolg der NSDAP war im ländlichen Bereich größer als in der Stadt Füssen. Die Arbeiter neigten weniger der NSDAP zu. Auf dem Lande konnte aber die SPD nur wenige Stimmen verbuchen. Machtübernahme der Nationalsozialisten und Auflösung der SPD-Stadtratsfraktion Dass aber die Nationalsozialisten auch in Füssen die Macht übernehmen könnten, daran glaubte niemand. Nach der Machtübernahme 1933 im Reich fand am 2. Februar 1933 ein Propagandamarsch der NSDAP in Füssen statt. Er mußte hauptsächlich von auswärtigen NSDAP-Mitgliedern bestritten werden. Die SPD ging mit den Nationalsozialisten keine Kompromisse ein. Die bürgerliche BVP lehnte einen Großteil der NS-Forderungen ab, deutete aber Möglichkeiten zur Zusammenarbeit an. Anfang März 1933 wurden die ersten Kommunisten verhaftet und schon am 24. März 1933 wurden Hindenburg und Hitler Ehrenbürger von Füssen!

In dieser Stadtratssitzung teilte Bürgermeister Samer mit, dass sich die SPD-Stadtratsfraktion selber aufgelöst habe. Sebastian Peisl, der sich gegen die Anschuldigungen gegen die SPD heftig zur Wehr setzte, büßte seinen Mut mit der Verhaftung und Einweisung in das neu errichtete KZ in Dachau. Wie musste sich der Füssener dort fühlen, wurde er doch von dem Füssener Max Kögel bewacht, der bis zum Kriegsende noch KZ-Kommandant von Dachau wurde.

Am 05. Mai 1933 wurde nochmals ein neuer Stadtrat gewählt. Die SPD stellte jetzt von 15 Stadträten noch drei. Es wurden gewählt: Sebastian Peisl, Hans Kirschbaum und Johann Weber.

In der Sitzung am 17. Mai 1933 erklärte die SPD-Fraktion erneut ihren Rücktritt. Am 30. Juni 1933 folgte die Fraktion der Bayer. Volkspartei. Wie im März 1933 Kommunisten und Sozialdemokraten verhaftet worden waren, so ging es am 28. Juni vielen Stadträten der BVP. Nach dem Ausscheiden der SPD und der BVP gehörten nunmehr alle Stadträte der NSDAP an. Nur der Oberbürgermeister, der Anfang Juli 1933 aus der vorübergehenden Festungshaft in Landsberg entlassen wurde, gehörte noch der BVP an. 1939 mußte auch er sein Amt einem NS-Bewerber, Frank, überlassen. Am 22. Juni 1939 wurde die SPD im Deutschen Reich verboten und sollte bis Kriegsende 1945 keine politische Rolle mehr spielen. Die NSDAP überrollte alle politischen Meinungen und begrub die Demokratie.

Nach Beendigung des 2. Weltkrieges wurde am 31. August 1945 der erste Stadtrat von der amerikanischen Besatzungsmacht eingesetzt. Erster Bürgermeister wurde Robert Erhard, 2. Bürgermeister Karl Rothärmel. Diesem Stadtrat gehörte auch Sebastian Peisl wieder an.

Der neue Start

Nach dem Zusammenbruch der Hitlerdiktatur fanden sich die Füssener Sozialdemokraten rasch wieder zusammen. Am 17. Oktober 1945 wurde die SPD auf lokaler Ebene wieder gegründet und am 28. Dezember 1945 berichtet der Allgäuer von der Zulassung der SPD in der Stadt Füssen unter dem Ortsvorsitzenden Sebastian Peisl.

Am 19. 1. 1946 trat die SPD erstmals nach dem 2. Weltkrieg mit einer Wahlveranstaltung an die Öffentlichkeit. Im Stadtsaal sprach der Ortsvorsitzende von Augsburg und spätere Landtagsabgeordnete Dietmar Kramer. Von 1946 bis 1978 bewährte sich die SPD als eine stabile Kraft der Füssener Kommunalpolitik. Mit großem Einsatz beteiligte sie sich am Aufbau unserer jungen Demokratie. Wesentlichen Einfluß nahm sie auf die Entwicklung und Gestaltung unserer Stadt. So war sie zum Bei- spiel eine Vorkämpferin für die Einführung der Fußgängerzone in Füssen. Sie widersetzte sich von An- fang an der Landkreisreform, weil die Nachteile für Füssen erkennbar waren, nämlich Zentralitäts- und Ämterverlust. Nur unter großer Anstrengung gelang es Außenstellen einiger Behörden zu erhalten. Das besondere Augenmerk der SPD galt immer den sozial Schwachen und den Arbeitnehmern. Die Stimm-ergebnisse der Wahlen von 1946 bis 1972 lagen etwa bei 30%. Durch die Eingliederung der Gemeinden Weißensee und Hopfen am See musste 1978 ein Rückgang des Stimmenanteils hingenommen werden.

Verdiente Persönlichkeiten

Sebastian Peisl, der Gründer des SPD-Ortsvereins nach dem Zusammenbruch des 3. Reiches, war von 1946 bis 1960 zweiter bzw. dritter Bürgermeister der Stadt Füssen und genoß wegen seiner sozialen und gerechten Einstellung großes Ansehen bei der Füssener Bevölkerung. Mit Ludwig Stanecker, der bereits 1946 in den Stadtrat gewählt wurde, stellte die SPD von 1960 bis 1980 den 3. Bürgermeister, ehe er aus gesundheitlichen Gründen von seinem Amt zurücktrat. Für seine herausragenden Vedienste in der Kommunalpolitik wurde Ludwig Stanecker mit dem Ehrenring der Stadt Füssen ausgezeichnet und erhielt für seine kommunalpolitische Tätigkeit die Verdienstmedaille zum Bundesverdienstorden des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Hans Möller, der dem Gemeindeparlament seit 1952 angehört, und 16 Jahre die SPD im Kreistag vertrat, war 6 Jahre stellv. Landrat und seit 1960 Fraktionsvorsitzender. 1982 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande für sein soziales Engagement. Ernestine Deml, Mitglied des Stadtrats von 1966 bis 1987, wurde für ihre Arbeit als Betriebsratsvorsitzende und ihren Dienst am Nächsten im sozialen Bereich durch die Verleihung der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt.

1990 - ein Jahr der Superlative

Ihr nach 1919 herausragendstes Ergebnis erzielte die SPD bei der Bürgermeister- und Stadtratswahl 1990. Dem haushohen Sieg von Dr. Paul Wengert fügte man noch 6 Stadtratssitze hinzu und Karl Brandner wurde 2. Bürgermeister. Dieser Erfolg bedeutete aber auch Verpflichtung gegenüber dem Bürger, wenn auch die Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen nicht immer leicht war, hat es sich die SPD im Stadtparlament zur Aufgabe gemacht, höchstmögliche Übereinstimmung ohne Ansehen der Partei zu finden - zum Wohl aller Bürgerinnen und Bürger.

Dr. Paul Wengert hat Füssen noch schöner und attraktiver gemacht, denkt man z.B. an den Venetianerwinkel, die modernisierte Wasser- und Abwasserversorgung oder das Stadtjubiläum im Jahre 1995 zur Feier der 700jährigen Stadterhebung. In demselben Jahr veranstaltete die SPD Füssen ein großes, dreitägiges Europafest mit Festzelt auf der Morisse, bei dem die „Mehlprimeln“, die Tanzkapelle „Kempf“ und das „Jazzelsteiner Rockensemble“ zu hören waren. 1996 wurde Dr. Paul Wengert mit großer Mehrheit wiedergewählt, dazu erhielten wir im Stadtrat 5 Sitze. Für die Kommunalwahlen 2002 musste ein neuer Bürgermeisterkandidat gefunden werden, da Dr. Wengert in Augsburg kandidierte und dort auch zum Oberbürgermeister gewählt wurde. Der neue Kandidat war Klaus Dünzkofer. Er erzielte mit fast 37% einen Achtungserfolg gegen den Kandidaten aller anderen Gruppierungen, obwohl er aus beruflichen Gründen erst sehr spät nominiert werden konnte. Im Stadtrat erreichte die Fraktion der SPD wieder 5 Sitze.

Als die Kommunalwahlen für das Jahr 2008 anstanden, war es Zeit einen SPD Kandidaten für das Bürgermeisteramt zu finden. Schnell wurde man in der eigenen Stadtratsfraktion fündig. Der dienst älteste Stadtrat; Paul Iacob, stellte sich als Kandidat zur Verfügung. Er schaffte es im ersten Wahlgang gegen den amtierenden Bürgermeister in die Stichwahl und gewann diese deutlich. Die Fraktion verkleinerte sich allerdings auf vier Mitglieder. Bereits kurz nach der Wahl wurde klar, dass diese wegen eines Fehlers bei der Listenaufstellung eines Mitbewerbers wiederholt werden muss. Dies betraf aber nur die Wahl der Stadträte und Stadträtinnen, Bürgermeister Paul Iacob blieb im Amt. Nach der Auflösung des Stadtrates war er bis zu den Neuwahlen im September 2009 der „Alleinherrscher“ in Füssen. Sogar in der Presse wurde er als „König Paul Iacob“ betitelt. Im neu gewählten Stadtrat standen ihm dann aber mit drei Frauen und zwei Männern wieder fünf SPD-Ratsmitglieder zur Verfügung.

In der Legislaturperiode seit 2008 wurden in Füssen einige Großprojekte zum Abschluss gebracht. Das Hallenbad wurde abgebrochen, auf der Fläche entstanden hochwertige Wohnungen. Ebenso konnte nach langen Jahren des Stillstandes das bereits geschlossene Kurhaus abgerissen und das Areal dem Wohnungsbau zugeführt werden. Direkt am Rande der Altstadt entsteht als Publikums- magnet das Einkaufszentrum „Theresienhof“. Nicht vergessen werden dürfen der Neubau eines Kindergartens für je drei Kindergarten- und Krippengruppen sowie der Anbau an die Grundschule.