Wahlkampfauftakt des SPD-Ortsvereins Füssen mit MdL Dr. Simone Strohmayr und allen Kandidierenden/Heftige Kritik an Gebührenerhöhungen
„Jedes Kind muss eine Kindertagesstätte besuchen können. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit; denn Kindertagesstätten sind Bildungseinrichtungen und Bildung darf nicht vom Geld und der Herkunft der Kinder abhängen.“ So lautete die klare Forderung der Landtagsabgeordneten Dr. Simone Strohmayr beim Wahlkampfauftakt des SPD-Ortsvereins Füssen am vergangenen Freitag (28. April) im Haus Hopfensee. Dort verschafften Eltern auch ihrem Ärger über ein für sie völlig unbefriedigend verlaufenes Gespräch mit Bürgermeister Eichstetter über die enorm steigenden Kindergartengebühren Luft.
Der SPD-Ortsverein Füssen hatte mit Dr. Strohmayr die schwäbische SPD-Spitzen-kandidatin für die Landtagswahl im Herbst zu Gast, die auch Stellvertretende Vorsitzende und Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Landtagsfraktion ist.
Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden des Ortsvereins, Georg Waldmann, führte seine Stellvertreterin, Dr. Regina Renner, als Moderatorin des Nachmittags in das Thema „Wenn die Kosten den Nutzen übersteigen: Kita-Gebühren und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ ein.
Weil die Gebühren enorm steigen und gerade teilzeitbeschäftigte Mütter stark belasten, gebe manche ihren Arbeitsplatz auf, was hinsichtlich des Fachkräftemangels fatal sei, so Renner. Mit Simone Strohmayr habe man eine Referentin gewinnen können, die während ihrer Abgeordneten-tätigkeit selbst zwei Kinder großgezogen habe.
Die Abgeordnete blickte zunächst auf die Einführung des Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes (BayKiBiG) 2005 zurück, mit dem die Finanzierung der Kitas grundlegend umgestellt und ihr Bildungsauftrag gesetzlich festgeschrieben worden sei. Daher fordere die bayerische SPD schon seit vielen Jahren, dass der Kita-Besuch kostenfrei sein müsse. Das sei eine Frage der Bildungsgerechtigkeit; denn „nirgends in Deutschland hängt diese mehr vom Geldbeutel und eigenen Bildungsstand der Eltern ab als in Bayern“, stellte Dr. Strohmayr fest.
Mit dem Gute-Kita-Gesetz und einem 5 Milliarden schweren Zuschuss an die Bundesländer habe die Bundesregierung vor allem die Qualität der Kitas verbessern wollen. Bayern habe aber seinen Anteil ausschließlich in die Reduzierung der Kosten fließen lassen und zahle pro Kind und Monat 100 € an die Eltern, um deren Belastung durch die Kita-Gebühren zu senken. Seinen eigenen Anteil an der Kindergartenfinanzierung habe der Freistaat 2021 nur um 0,64 Prozent erhöht. Nachdem sich die Kita-Kosten für die Gemeinden aber deutlich erhöht hätten, reiche dies bei weitem nicht und führe zu einer enormen Erhöhung der Gebühren für den Kita-Besuch.
Dass die Stadt Füssen mit der vom Stadtrat beschlossenen zwei-maligen enormen Erhöhung der Kita-Gebühren praktisch die zur Entlastung der Eltern gedachte Bundesförderung komplett abgreife, widerspreche völlig dem Willen des Bundesgesetzgebers. Das sehen auch die anwesenden Eltern so, die heftige Kritik an der Aussage des Bürgermeisters übten, dass die Gebühren heute günstiger seien als vor fünf Jahren. Diese Aussage sei sowohl inhaltlich als auch rechnerisch überhaupt nicht nachvollziehbar. Sie hätten deswegen eine Petition gestartet, die zwischenzeitlich 652 Unterschriften trage und machten ihre Befürchtung deutlich, dass Eltern vermehrt ihre Kinder gar nicht mehr in die Kita schicken oder aber ein Elternteil aufhöre zu arbeiten, um sich die Kita-Gebühren zu spare. Das sei jedoch in vielerlei Hinsicht, vor allem aber für die Entwicklung der Kinder sehr nachteilig. Im Gespräch mit Bürgermeister Eichstetter habe man vorgeschlagen, zumindest den Geschwister-Bonus wiedereinzuführen. Das sei aber ebenso abgelehnt worden wie ihr Vorschlag, die Kernzeiten zu verlängern und Vorschulkinder kostenfrei zu stellen.
Stadträtin Ilona Deckwerth verwies auf ihre Bemühungen, eine Kompromisslösung zu finden und erinnerte daran, dass es eine politische Entscheidung sei, wofür die Stadt das Geld der Bürgerinnen und Bürger ausgebe: Asphalt und Beton hätten aber über das Soziale gesiegt. Der Freistaat seinerseits saniere seinen Haushalt u.a. auf Kosten der Qualität der Kitas.
Tobias Merz, Listenkandidat für die Landtagswahl im Herbst, kritisierte zudem die Wortwahl im Stadtrat, wo im Hinblick auf die Kitas immer nur von Defiziten die Rede sei, deren Wert für die Gesellschaft und die Volkswirtschaft aber überhaupt nicht gewürdigt werde.
Brigitte Protschka, Direktkandidatin für den Bezirkstag, berichtete aus ihrer Erfahrung als Präsidentin der AWO-Schwaben über die stetig steigende Beteiligung der Träger an der Kita-Finanzierung und forderte eine andere Bewertung des Auftrags der Kommunen, was die Kinderbildung- und -betreuung angehe. Die enormen Gebührenerhöhungen träfen genau die Eltern, die man auf dem Arbeitsmarkt brauche. MdL Dr. Strohmayr erinnerte an dieser Stelle daran, dass die Frauenarbeitsquote in Bayern ohnehin schon sehr niedrig sei, was durch diese Entwicklung noch verstärkt werde.
Die SPD-Stimmkreiskandidatin Hannah Fischer lobte das Engagement der Eltern für die Petition. Im Hinblick auf die Kita-Gebühren sei das Ostallgäu Spitzenreiter im Allgäu, Schwangau liege dabei auf Platz 1 und Füssen auf Platz 2. Während flächen-deckend zuletzt die Gebühren um 5-10 Prozent erhöht worden seien, seien es beispielsweise in Füssen 60 Prozent.
Abschließend empfahlen die Mandatsträgerinnen und die Kandidatinnen und Kandidaten, die Petition direkt der Präsidentin des Bayerischen Landtags zu übergeben. MdL Dr. Strohmayr bot dazu ihre Hilfe an. Sie schloss im Hinblick auf den Zusammenhang von Kinderbildung- und -betreuung mit dem Fachkräftemangel mit den Worten: „Wir müssen es schaffen, alle mitzunehmen."
Bildunterschrift:
Am Ende des Wahlkampfauftakts des SPD-Ortsvereins Füssen überreichte dessen Stellvertretende Vorsitzende, Dr. Regina Renner (Mitte), der Stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag, Dr. Simone Strohmayr ein Brotzeitbrett mit Allgäuer Käsespezialitäten. Mit dabei SPD-Stimmkreiskandidatin Hannah Fischer (links) sowie Tobias Merz, Listenkandidat für die Landtagswahl und Brigitte Protschka, Direktkandidatin für den Bezirkstag (ganz rechts).